Wieder Trump?
Wieder Trump?
Am 5.11.2024 entscheidet sich das Schicksal der Welt …
jedenfalls nach Meinung vieler Medien, die seit Wochen über den Wahlkampf
zwischen Kamala Harris und Donald Trump in den USA berichten. Dass es dabei für
Europa in der Tat vor allem um die entscheidende Ausrichtung der künftigen US-Außenpolitik
geht, sei allerdings trotz aller üblichen schlagzeilenträchtigen Übertreibungen
unbestritten.
Die ständigen Umfrageergebnisse schwanken dauernd
zwischen den beiden Rivalen hin und her und werden dabei auch immer mit dem
Hinweis der Fehlertoleranz versehen, so dass sie im Grunde keine Aussagekraft
außer derjenigen besitzen, dass es ein sehr enges Rennen wird.
Dass dies so ist, hat u.a. auch mit dem Wahlsystem in den
Vereinigten Staaten zu tun, das nicht unbedingt diejenige oder denjenigen
bevorzugt, der tatsächlich die meisten Wählerstimmen für sich in Anspruch
nehmen kann, sondern die Stimmen der sogenannten „Wahlmänner“ aus den einzelnen
Bundesstaaten erhält. Dieses anachronistische und eigentlich undemokratische
Relikt aus uralten Gründungszeiten der USA besteht leider noch heute und hat
z.B. auch bei der Wahl 2016 für den Sieg Trumps gesorgt, obwohl seine damalige
Konkurrentin Hillary Clinton rund zwei Millionen Wählerstimmen mehr bekommen
hatte.
Aber neben dieser schon vielfach kritisierten Tatsache
muss man sich weitaus eher die Frage stellen, wie es überhaupt zu einem solchen
Showdown wie zwischen Harris und (erneut) Trump kommen konnte? Weshalb ist ein
mehrfach verurteilter Straftäter, ein bewiesener Aufwiegler nach seine
Niederlage 2020, ein notorischer Lügner und Volksverhetzer, ein Frauenverächter
und inzwischen auch mehrfach als Faschist bezeichneter Mann überhaupt noch
Präsidentschaftskandidat in den USA? Man stelle sich nur für einen Augenblick
mal vor, solche Vorwürfe und auch bewiesene Taten würden einem Kanzlerkandidaten
hier in Deutschland zur Last gelegt werden können – er oder sie wäre ohne
Chance auch nur in die Nähe des Amtes zu kommen. Zumindest bis jetzt noch (!)
Schaut man sich noch einmal die bereits erwähnten Umfragen
an, dann kommt man ja nicht um die Erkenntnis herum, dass sich bei allem Hin
und Her rund 50% der US-Amerikanerinnen und -Amerikaner zu Trump bekennen und
ihn wahrscheinlich auch wählen werden. Die Spaltung der amerikanischen
Gesellschaft ist also vorhanden und offenbar auch unumkehrbar. Ich behaupte
hier sogar die These: nicht trotz, sondern genau aufgrund der Art seiner
Auftritte mit Beleidigungen gegenüber Minderheiten und politischen Gegnern.
Gerade weil er rechtes Gedankengut öffentlich vertritt wird er von den Menschen
hofiert und von seinen Fans gefeiert. Rund die Hälfte der Menschen in den USA haben
sich meiner Meinung nach bereits weit von demokratischen Strukturen
verabschiedet und wünschen sich Trumps mehrfach angedrohte despotische
Herrschaft regelrecht herbei. Dieser Tatsache muss man dabei ins Augen sehen.
Trumps rassistische Ausfälle, seine Drohungen, politische
Gegner nach seiner Wahl verfolgen und vernichten zu wollen, auch seine
geheuchelte Religiosität und sein offen zur Schau getragener Nationalismus und
sein Egoismus kommen offenbar bei den Menschen, die ihn wählen sehr gut an. Das
kann man natürlich verurteilen und mit dem Finger auf diese Entwicklung eines
völlig degenerierten Systems zeigen. Aber ein Blick nach Europa und auch
Deutschland zeigt sehr rasch, dass diese Situation auch sehr schnell hier
entstehen kann.
Der Rechtspopulismus ist überall auf dem Vormarsch und
bestimmt in einigen Ländern wie Ungarn, Italien, den Niederlanden, Frankreich
schon die politische Agenda. Auch der Erfolg der AfD hierzulande zeigt ja denselben
Trend an und es bleibt abzuwarten, wie er sich nach den Wahlen in Brandenburg,
Sachsen und Thüringen auch bei der nächsten Bundestagswahl (voraussichtlich
September 2025, wenn die Ampel noch so lange hält?) entwickelt.
Also auch hier wie im übrigen Europa wenden sich die
Menschen rechten Demagogen zu und lassen sich von den zumeist einfachen, platten
und natürlich vollkommen unzureichenden „Antworten“ auf komplizierte Probleme
und Zusammenhänge einfangen. Woran das liegt und was aus meiner Sicht die
Ursachen sind, habe ich in diesem Blog schon mehrfach zu erläutern versucht.
Fehlende Solidarität, die man den Menschen regelrecht aberzogen hat, soziale
Abstiegsängste, die zum Teil auch berechtigt sind, das völlige Fehlen
demokratischer Strukturen in manchen Regionen Deutschlands, ungerechte
Verteilung des Wohlstandes, unzureichende Schulstrukturen, völliges Versagen bei
der Integration ganzer Teile der nicht biodeutschen Bevölkerung und leider noch
immer der Hang zu neoliberalen Rezepten angesichts der ganzen
Herausforderungen, die politischer Lösungen bedürfen aber leider oft nicht zum
Wohl der Allgemeinheit umgesetzt werden.
Man schaue sich nur den aktuellen Streit der Regierung im
Hinblick auf eine notwendige Wirtschaftspolitik und das Gebaren vor allem der
FDP dazu an, dann hat man ein aktuelles Beispiel davon.
Ob sich das alles verändert, wenn Harris die Wahl
gewinnt, mag dahingestellt sein. Mit Trump wird es das jedoch auf keinen Fall
und sein möglicher Sieg wäre ein weiterer herausgebrochener Mauerstein der
Demokratie – möge es uns erspart bleiben.
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