Er ist leider wieder da ...
Nun ist es also doch passiert: Donald Trump ist erneut zum Oberhaupt der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt worden und tritt sein Amt als 47. Präsident im Januar 2025 an. Mit einer deutlichen Mehrheit der Wählerstimmen vor seiner demokratischen Konkurrentin Kamala Harris hat er zudem alle sogenannten Swing-Staates für sich gewinnen können, die durch das anachronistische Wahlsystem der USA so wichtig für den Ausgang der Wahl sind.
Die kurz nach Bekanntgabe des Siegers begonnene Suche
nach der Schuld dieses aus Sicht der Demokraten desaströsen Ergebnisses kann
man getrost zu den Akten legen, denn es lag aus meiner Sicht weder an dem
späten Kandidatenwechsel von Biden zu Harris, noch an der Form oder den Inhalten
des Wahlkampfes der derzeitig noch amtierenden Vizepräsidentin. Die
US-Amerikaner haben Trump trotz (oder besser aufgrund) seiner vielen Skandale
und auch Verbrechen gewählt. Sie haben sich bewusst für seine nationalistischen,
spalterischen und egoistischen Ideen entschieden und damit willentlich einen
Despoten oder gar einen Tyrannen herbeigewählt – die Zeit wird zeigen, wie sich
seine Agenda entwickelt, die er nie verschwiegen hat.
Die amerikanische Demokratie – wenn man denn angesichts einer
jahrzehntelangen Co-Herrschaft zweier von Milliardären und deren Spenden
abhängigen Machtblöcke mit eigentlich der gleichen Politik in lediglich
unterschiedlicher Dosis davon sprechen kann – verabschiedet sich meiner Meinung
nach in diesen Tagen von der Weltbühne. Sie wird beerdigt von einem
orangefarben geschminkten Politclown mit ebenso viel Skrupellosigkeit wie
Komplexen, der als Geschäftsmann schon mehrfach gescheitert ist aber trotz
seiner plumpen und infantilen Art ein unverkennbares Gespür dafür hat, sich im
richtigen Moment in Szene zu setzen. Die gestreckte Faust und das blutige
Gesicht vor dem Sternenbanner kurz nach dem gescheiterten Attentat auf ihn in
Butler, Pennsylvania sind ein Paradebeispiel dafür.
Was die USA und auch die Welt von ihm als Präsidenten zu
erwarten hat, lässt sich angesichts seiner Ankündigungen bezüglich der Innen-
und Außenpolitik nur erahnen und befürchten. Die Riege der bisher bereits
veröffentlichten Personalien seines künftigen Kabinetts lässt auf jeden Fall
nichts Gutes erwarten. Offenbar sind die Kandidatinnen und Kandidaten für die
jeweiligen Minister- und Beraterposten vollkommen frei von jeglicher Kompetenz
und zeichnen sich nur dadurch aus, dass sie ihrem Herrn in einem regelrechten
Kadavergehorsam ergeben sind. Der Impfgegner, Verschwörungstheoretiker und
selbst von seiner eigenen Familie stark kritisierte Robert F. Kennedy Jr. – Neffe des einstigen demokratischen
Präsidenten John F. Kennedy – dient als designierter Gesundheitsminister ohne jegliche
Qualifikation für dieses Amt als deutliches Beispiel.
Die teilweise empörten Reaktionen auf die oftmals
radikalen aber offensichtlich ungeeigneten Kandidatinnen und Kandidaten Trumps
auch von Seiten einiger Republikaner im Senat sind zwar verständlich, aber sie
kommen viel zu spät. Was hat man denn gerade in der Partei Trumps erwartet?
Dass er sich Leute für sein Kabinett aussucht, die ihm mit Kompetenz und
Sachkenntnis eventuell bei seinen Bauchentscheidungen widersprechen könnten?
Solche Erfahrungen hat er bekanntlich in seiner letzten Amtszeit gemacht und
diejenigen nach und nach rausgeschmissen, die sich noch ein wenig Courage
bewahrt hatten und ihm von seinen teils wirren oder gefährlichen Ideen
abzubringen versuchten.
Trump hätte beizeiten verhindert werden müssen, als es
noch genügend halbwegs anständige und normal denkende Mitglieder in den beiden
Kammern Senat und Repräsentantenhaus auf Seiten der Republikaner gegeben hat.
Aber man hat stattdessen lieber den Kopf eingezogen und die Radikalisierung der
eigenen Partei durch populistische Schreihälse wie von der sogenannten
Boston-Tea-Party Bewegung ohne Widerstand hingenommen. Wenige Aufrichtige, wie
Liz Cheney, die sich wagten gegen Trump zu opponieren, wurden von allen im
Stich gelassen. Niemand aus der Partei regt sich darüber auf, dass Trump seiner
Widersacherin versteckt mit einem Mordaufruf gegen sie droht.
Sicher ist, dass er nach seinem Amtsantritt liefern wird –
und zwar höchstwahrscheinlich verstörende Bilder von Massendeportationen
illegaler Einwanderer und Machtdemonstrationen seiner rechtsradikalen Anhänger gegen
Andersdenkende bei eventuell noch stattfindenden Gegendemonstrationen seiner
Politik. Dies wird ohne ernstzunehmende Reaktion der Welt geschehen. Er wird
versuchen, seine für ihn typischen Prahlereien aus dem Wahlkampf in die
Realität umzusetzen und z.B. den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine durch
hohe Zugeständnisse an Putin zu beenden. Er wird sich in einen Wirtschaftskrieg
gegen China und Europa zugleich begeben und versuchen, die heimische Wirtschaft
gegen Wettbewerb mit hohen Zollschranken abzuschotten. Und er wird versuchen aus
allem persönliches Kapital zu schlagen. Zudem wird er alles unternehmen, um
seine Widersacher unschädlich zu machen und einen Apparat um sein Machtzentrum
herum aufbauen zu können, der allein auf ihn und seine Interessen zugeschnitten
ist.
Es wird sich zeigen, ob die restlichen demokratischen
Strukturen in den USA stark genug sind, sich dem zu widersetzen und vier
weitere Jahre unter diesem populistischen Demagogen und Egomanen aushalten. Man
kann und muss sich leider alle möglichen Szenarien denken. Derzeit gibt es kein demokratisches
Gegengewicht gegen ihn auf der politischen Weltbühne. Schon jetzt ist ein regelrechter
Wettbewerb vieler Regierungen vor allem in Europa zu erkennen, ihm zu gefallen
oder zumindest nicht unangenehm aufzufallen. Eine mögliche Bundesregierung
unter Friedrich Merz wird unter allen Umständen – auch wenn die Demokratie in
den USA untergeht – versuchen, sich bis zur Unterwürfigkeit an Trump
anzunähern. Der von Merz behauptete „aufrechte Gang“ dem US-Präsidenten
gegenüber wird zu einer dauerhaften Verbeugung mutieren, da bin ich mir sehr
sicher.
Den amerikanischen Wählerinnen und Wählern (und uns
allen) ist nur zu wünschen, dass sie beizeiten erkennen, was für einen
politischen Schaumschläger sie dort gewählt haben und dass die Herrschaft
dieses gefährlichen, opportunistischen Despoten hoffentlich nach spätestens
vier Jahren endet. Erst einmal ist er jedoch leider wieder da …
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