Sozimottenkiste?


Eines der vielen Probleme der Ampelregierung ist die derzeitige Haushaltskrise, die vor allem durch das Urteil des Bundesverfassungsgereichtes zur Handhabung sogenannter Sondervermögen entstanden ist. Rund 17 Milliarden Euro fehlen derzeit (Dezember 2023) im Haushalt der Bundesregierung. Dadurch sind einige Unterstützungsleistungen wie z.B. die Gas- und Strompreisbremse für Privatverbraucher betroffen - sie enden zum Jahreswechsel, was für viele Familien zu weiteren finanziellen Belastungen führen wird. 

Das Urteil an sich mag angesichts der vielen Finanztricks der Politik im Hinblick auf die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse richtig sein, es führt jedoch zu weiteren Problemen, welche sich die Politik übrigens 2009 mit dem mehrheitlichen Entscheid zur Schuldenbremse (CDU/CSU und SPD stimmten dafür) aber selbst eingebrockt hat. 

Angesichts der vielen andauernden Krisen und der ebenso vielen notwendigen Investitionen in zukunftsträchtige Energieerzeugung, Infrastruktur, Überbrückungshilfen, Industriesubventionen, Aufbauhilfen etc. ist die selbstgewählte und herbeigeführte Einschränkung dieser nötigen Ausgaben eine Hypothek für kommende Generationen, die man immer vermeintlich vor Schulden und Steuerlasten zu schützen vorgibt.

Doch muss man sich nicht die Frage stellen, was wir diesen künftigen Generationen denn hinterlassen, wenn wir eben nicht in klimafreundliche Techniken investieren, so morderne Arbeitsplätze schaffen und die Infrastruktur erneuern und erhalten? Welche Antworten hat die Oposition - allen voran die Union unter ihren Vorsitzenden Merz und Söder auf diese Herausforderungen, außer die übliche alte Leier von der schwäbischen Hausfrau, die auch nicht mehr Geld ausgeben könne, als sie hätte. Als wäre ein Staat mit seiner Ökonomie mit dem Haushalt einer Privatperson zu vergleichen.

Die genannten zukünftigen Generationen würden in die dann maroden Strukturen investieren, wenn sie klug wären (und noch die nötigen Möglichkeiten dazu hätten). Dabei müssen es übrigens nicht immer nur Kredite sein, die der Staat aufnimmt. Seine Einnahmen werden über Steuern generiert - aber das ist für Parteien wie die Union aber auch die FDP natürlich das rote Tuch, weil ihr Hauptklientel damit ins Spiel käme. In Kreisen dieser Parteien wird immer so getan, als seien Steuern eine biblische Plage und nicht eine notwendige Institution, mit der das gesellschaftliche Leben eines sozialen Staates finanziert wird.  

Vermögenssteuern oder ebensolche zeitlich befristete Abgaben wie z.B. Anleihen auf sehr hohe Vermögen könnten angesichts des privaten Besitzes von Barvermögen in Deutschland eine Antwort auf die Frage der aktuellen Haushaltskrise sein. Sieben Billionen (7000 Milliarden!) Euro sind es nämlich, die sich inzwischen angesammelt haben. Die ungleiche Verteilung dieser riesigen Summe ist allgemein bekannt, wird aber seltsamerweise von Politik und Medien niemals wirklich ernsthaft kritisch hinterfragt. Allein 18% dieser sieben Billionen (also 1,26 Billionen) Euro gehören dem reichsten 1 Prozent der Bevölkerung des Landes, während 50% der Menschen in Deutschland keinerlei oder nur sehr wenig Vermögen haben.

Doch wehe, jemand spricht diese schreiende Ungleichheit und die damit ebenfalls ungerechte Verteilung von Steuerlasten im Verhältnis zu den Besitztümern mal an, dann wehrt sich die Oberklasse umgehend durch all die Möglichkeiten, die ihr zur Verfügung stehen. Allen voran die Medien, die ihrem Auftrag der Wahrung der kapitalistischen Ordnung dabei zuverlässig nachkommen. 

Diese Idee höre sich an, "wie aus der Sozimottenkiste", bemerkte die ZDF-Heutejournal-Moderatorin Anna Gellinek am 8.12.23 in einem Interview mit der jüngst wiedergewählten SPD-Vorsitzenden Saskia Esken zu dem Vorschlag der Vermögenssteuer, der auf dem Parteitag der Sozialdemokraten diskutiert wurde. Die zuvor ständig von CDU/CSU und FDP herbeigebetete Kürzung von Sozialausgaben und dem populistischen Ruf nach dem Stopp der Bürgergelderhöhung zum Jahreswechsel wird hingegen offensichtlich als modern und zeitgemäß betrachtet.

Genau diese ständigen Abwehrreflexe einer wohlhabenden Minderheit, die nicht bereit ist, sich an der Finanzierung des gesellschaftlichen Zusammenlebens angemessen zu beteiligen, während sie aber noch immer vom sozialen (wenn auch mehr und mehr fragilen) Frieden profitiert, führen zu einer Schieflage, die letztlich in einer politischen Katastrophe enden kann. Die Zeichen der Zeit stehen angesichts von Krisenstimmung, Verunsicherung, Teuerungen und damit verbundenen sozialen Ängsten leider schon weit rechts und drohen ins Extreme abzugleiten; kein Demokrat kann dies wirklich wollen. 

Statt der "Sozimottenkiste" öffnet sich vielleicht bald die "faschistische Mottenkiste" mit ihrem üblen Inhalt, der eigentlich für alle Zeiten verschlossen bleiben sollte.   

 

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