Neue Bauernkriege
Die derzeitigen Proteste der Bauern, die mit Blockaden und Landmaschinentrecks nach Berlin und andere Städte einhergehen, werden in den Medien vielfach als durchaus berechtigte und nachvollziehbare Proteste dargestellt. Im Gegensatz zu den Blockaden, mit welchen die Akteure der sogenannten "Letzten Generation" auf sich und ihre Belange aufmerksam gemacht haben, wird bei den Bauern auch nicht umgehend von Straftaten oder gar Terror gesprochen und geschrieben. Die Wirkungen z.B. für Autofahrer oder auch die vielzitierte Störung der Durchfahrt von Rettungswagen sind die gleichen, wie bei den "Klimaklebern". Seltsamerweise hört man jedoch keinerlei Kritik aus Richtung derjenigen Politikerinnen und Politiker, die zuvor gar die Freiheit in Gefahr sahen und Haftstrafen und hohe Bußgelder für die Aktivisten gefordert und umgesetzt haben.
Diese unterschiedliche Betrachtungsweise und Berichterstattung führt aus meiner Sicht zu dem, was ich immer als "veröffentlichte Meinung" bezeichne. Anhand dieses Beispiels tendenzieller Berichterstattung werden Meinungen beeinflusst und in bestimmte Richtungen geleitet. Die Tatsache, dass sich die Proteste der Landwirte gegen die derzeitige Bundesregierung richten und nicht das allgemeine Gewissen in Bezug auf den Klimawandel und das Verhalten einer an "ewiges Wachstum" gläubigen Gesellschaft anprangern, führt offenbar zur eher positiv behafteten Artikeln in den Medien. Zumal man offenbar damit meint, die unbeliebte "Ampel" weiterhin sturmreif schießen zu können. Parteien, wie die zuvor jedewede Subvention ablehnde AfD, nutzen das Trittbrett übrigens auch gern und springen in bekannter populistischer Weise auf den Zug mit auf.
Wenn man sich dagegen die Motive der Protestierenden anschaut, dann wird schnell klar, dass es hierbei um den Versuch des Erhaltes von Zuwendungen geht, die eben nicht mehr in die Zeit von Klimawandel und dessen für uns alle immer deutlicher spürbaren Folgen passen. Die Steuerfreiheit von sogenanntem Agrardiesel bedeutet im Schnitt für die Landwirte einen Vorteil von ca. 4000 Euro pro Betrieb und Jahr. Hintergrund des geplanten Entfalls dieser Subvention ist auch hier wieder die angepannte Haushaltslage der Regierung durch das schon bekannte Urteil des Bundesverfassungsgerichtes in Bezug auf Sonderhaushalte.
Aus meiner Sicht ist das Ansinnen der Landwirte zunächst natürlich verständlich, denn auch sie - wie übrigens andere Wirtschaftszweige und letztlich auch wir privaten Verbraucher - leiden unter den steigenden Kosten durch Energiepreise und der generellen Inflation. Ob jedoch eine weitere Befreiung von der Kraftstoffsteuer für die Zukunft wirklich die Lösung ist, kann wohl angezweifelt werden. Viel eher würden den landwirtschaftlichen Betrieben (vor allem den mittleren und kleinen) doch faire Preise für ihre Erzeugnisse helfen. Die werden nämlich noch immer von den Großabnehmern mit entsprechender Marktmacht diktiert und verhindern so übrigens auch das Ausweiten biologischer Landwirtschaft.
Das wäre mal ein Thema für die öffentliche Diskussion, die von den Medien aufgenommen und angestoßen werden könnte. Natürlich hat man daran kein wirkliches Interesse. Wie übrigens auch nicht an eine tatsächlich sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema oder dessen Ursachen. Selbstverständlich sind Kürzungen von Leistungen immer negativ für die Betroffenen. Das betrifft in gleicher Weise auch den plötzlichen Entfall der Prämien für den Kauf von E-Fahrzeugen, wie auch der Gas- und Strompreisbremsen Anfang des kommenden Jahres. All diese Unterstützungsleistungen durch die öffentliche Hand haben Kaufkraftverluste und dementsprechend weitere negative Auswirkungen auf die Binnenwirtschaft zur Folge.
Eine mögliche Alternative zu solchen Kürzungen aufgrund der Haushaltslage des Bundes habe ich im vorherigen Post aufgezeigt. Nur dazu braucht es andere politische Mehrheiten im Land - und auch eine veränderte Gestaltung der öffentlichen Meinung. Mediale Bauernkriege sind nur eine der vielen Ablenkungen von einer solchen Lösung gesellschaftlicher Probleme.
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