Krieg der Klassen
„Es herrscht Krieg zwischen den Klassen – und meine Klasse ist dabei zu siegen.“ So ähnlich hat sich vor einigen Jahren der Milliardär und Finanzmarktmogul Warren Buffett in einem Interview ausgedrückt, in dem es um die soziale Spaltung der Gesellschaft ging.
Das Fortschreiten dieser Entwicklung in seiner Endphase
kann vor allem in den USA, um die es in dem Interview vor allem ging, sehr gut
anhand der politischen Gesamtsituation mit zwei sich unversöhnlich
gegenüberstehenden Lagern beobachtet werden. Aber nicht nur da, sondern mittlerweile
auch in Europa und anderen hochentwickelten Staaten auf der Welt.
Bleiben wir jedoch zunächst in den USA mit der aktuellen
Lage kurz vor dem Regierungswechsel von Biden hin zu Trump. Unabhängig von der
künftigen Handlungsweise eines scheinbar unkontrollierbaren Egomanen mit Hang
zur bis ins Lächerliche reichenden Selbstdarstellung und gleichzeitiger
Sympathie für Despoten des baldigen Präsidenten der Vereinigten Staaten, umgibt
dieser sich zudem mit vielen Geldgebern seines Wahlkampfes, die entsprechende
Posten in seinem Kabinett oder anderweitigen Einfluss auf politischer Ebene bekommen.
Vor allem der Aufstieg von Elon Musk zum
außerparlamentarischen und nicht demokratisch gewählten „Berater“ Trumps in
Sachen Bürokratieabbau und Einsparpotenziale auf staatlicher Ebene, ist eine
Zäsur in dieser Hinsicht. In Wahrheit soll und wird Musk vor allem
demokratische Strukturen zu beseitigen versuchen, die ihm und seinen
Unternehmen bisher das Leben durch Kontrolle und Vorschriften schwer gemacht
hatten. Er profitiert also direkt davon und das wird auch sein Hauptziel bei seinem
Ausflug in die Politik sein.
Die Entwicklung des derzeit reichsten Mannes der Welt vom,
den Demokraten zumindest nominal nahestehenden innovativen Lenker von
zukunftsorientierten Unternehmen, hin zum Unterstützer eines despotischen und
rechtspopulistischen Geschäftsmannes auf dem Stuhl des Präsidenten hat aus
meiner Sicht weniger mit einer tatsächlichen politischen Überzeugung, als
vielmehr und ganz schlicht mit opportunistischen Beweggründen zu tun. Die öffentliche
Auseinandersetzung von Musk mit den extremen Rechten der Republikaner in Bezug
auf die Frage von Visa für ausländische Arbeitskräfte via seines Netzwerkes X hat
dies für einen Augenblick aufblitzen lassen.
Dennoch ist sich der Tech-Milliardär trotz
offensichtlicher Defizite an politischem Grundwissen nicht zu schade, sich nun
auch in die Wahlkämpfe anderer Länder – wie eben am Beispiel der Bundesrepublik
ersichtlich – öffentlich einzumischen und dies wieder über seinen Account bei X
zu tun. Nach dem Attentat auf den Weihnachtsmarkt von Magdeburg forderte er
Bundeskanzler Scholz zum Rücktritt auf, in einem Artikel des Springerverlag-Titels
„Welt“ warb er sogar für die AfD, die seiner Meinung nach „einzig Deutschland
noch retten könne“ und jüngst beschuldigte er ausgerechnet Bundespräsident
Frank Walter Steinmeier, ein „antidemokratischer Tyrann“ zu sein und „Schande
über ihn“ auszurufen.
Wäre der Hintergrund und vor allem die politische Folge
von solchen peinlichen Ausfällen eines moralisch und empathisch offensichtlich
vollkommen kompasslosen Selbstdarstellers nicht so gefährlich, man könnte
darüber eigentlich nur lachen. Doch Musk ist das extreme aber dennoch genaue
Beispiel dessen, was das Zitat von Warren Buffett am Anfang dieses Textes meinte:
Die Klasse der Milliardäre zieht in den Krieg gegen die Mehrheit der Menschen
und versucht dabei ihre Vorteile und Privilegien mit allen Mitteln zu verteidigen.
Die viele Jahre andauernde „Party“ des zügellosen Geldverdienens mittels der
Instrumente der Globalisierung geht nun langsam durch geopolitische
Veränderungen seinem Ende entgegen. Deshalb sucht man nun nach anderen Wegen
der Wahrung und Vermehrung des eigenen Vermögens.
Wieder am Beispiel Deutschlands ist dies sehr gut anhand
des Niedergangs der Industrie und dementsprechend auch des Mittelstandes
abzulesen. Der jahrelange Exportweltmeister, der seine internen Absatzprobleme
und Überkapazitäten vor allem in China kompensieren konnte, steht nun „im
kurzen Grass“. Vor allem in der Automobilindustrie und deren Zulieferer zeigt
sich das derzeit am deutlichsten. Die Reaktion des Kapitals auf diese im Grunde
selbst verursachten Probleme sind überall die gleichen. Abbau der Kapazitäten
durch Verlagerung ins billigere Ausland, Kürzungen der Entgelte und
Entlassungen der Beschäftigten und der gleichzeitige Ruf nach Steuer- und
Kostenentlastungen, sowie Unterstützung durch den Staat, den man zuvor
möglichst weit zurückgedrängt haben wollte.
Es sind dabei nicht irgendwelche anonymen Gesellschaften,
Verbände und Finanzmarktfonds, die so handeln, weil es „der Markt“ so will.
Dahinter stecken immer einzelne Namen, die in Wahrheit die Fäden ziehen – auch wenn
es nicht immer gleich ersichtlich ist. Wirtschaft wird bestimmt von einigen
Wenigen, wie eben Buffett, Musk und Bezos. In Deutschland kann man die Namen
ebenfalls nennen. Schwarz, Quandt, Klatten, Porsche, Piech, Albrecht usw. Das
sind die Handelnden innerhalb des beschriebenen „Krieges“, die, wenn es
opportun ist, auch in politische Prozesse eingreifen und notfalls für die
Spaltung der Gesellschaft sorgen, weil man dadurch besser seine eigenen Ziele
verfolgen kann.
Was sich vielleicht wie eine Verschwörungstheorie liest,
kann man doch ganz leicht anhand der Kräfteverhältnisse innerhalb einer
Gesellschaft erkennen. Die Medien sind ebenfalls in der Hand einiger weniger
Familien und natürlich wird deshalb tendenziös berichtet, weil es den
Eigentümern nutzt und somit öffentliche Meinung generiert wird. Das soll jetzt
kein Plädoyer gegen die „Lügenpresse“ sein, welche die extremen Rechten ständig
in hetzerischer Form ausrufen. Aber eine gewisse politische Tendenz ist bei der
Berichterstattung vor allem der Printmedien ersichtlich – hier dient als
Beispiel eben jener bereits genannte Gastbeitrag von Musk in der „Welt“. Der
ist zwar nicht unwidersprochen geblieben und hat zum Teil auch zu heftigem
Protest innerhalb der Redaktion geführt, aber er ist eben gestattet worden. Ich
bin überzeugt, dass dies in voller Absicht und mit gewissen Interessen der
Eigner von „Springer“ erfolgt ist.
Der derzeitige Aufstieg rechter, populistischer Parteien
und Regierungen in Europa und der ganzen Welt wird unterstützt durch reiche
Geldgeber, die Wahlkämpfe finanzieren und somit unterstützen und bewusst
beeinflussen, oder gleich selbst das Heft des Handelns in die Hand nehmen
wollen. Das Beispiel Argentinien zeigt dies deutlich, wo sich mit Javier Milei ein
sogenannter Libertärer auf den Weg gemacht hat, den Staat bis aufs Äußerste zu
stutzen, damit die vorhandene Armut noch zu vergrößern und seine radikalen
Ansichten zur Politik zu machen – Hauptsache die Finanzmärkte sind zufrieden
damit. Die Tatsache, dass Milei vor allem durch wirtschaftsliberale und
konservative Medien und Politiker (im Auftrag) auch hierzulande Bewunderung
entgegenfliegt, macht noch einmal deutlich, wo die Fronten liegen.
Der „Krieg der Klassen“, die es ja angeblich gar nicht
mehr gibt, ist also im vollen Gange und die Frage lautet, wie wir als
Gesellschaft insgesamt damit umgehen? Wie wir uns mit demokratischen Mitteln gegen
die Versuche wehren, demokratische Strukturen zu zerstören und zu beseitigen,
nur weil es einigen Wenigen vielleicht derzeit zum Vorteil gereicht, dies zu
tun? Aus meiner Sicht funktioniert das nur, wenn sich Mehrheiten deutlich
dagegen auflehnen und für die Demokratie einstehen.
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