Blut, Faust und Fahne ...

 

Das Attentat auf Donald Trump am 14. Juli 2024 stellt eine Zäsur sowohl für den Wahlkampf in den USA, als auch für die gesellschaftliche Situation dort dar. Der Attentäter – ein 20-jähriger Weißer mit offenbar bürgerlichem Familienhintergrund – hat damit den Gegnern Trumps, der ohnehin gespaltenen Nation, als natürlich auch sich selbst einen Bärendienst erwiesen. Er selbst wurde von Sicherheitskräften erschossen und die unüberbrückbare gesellschaftliche Kluft wurde und wird durch die versuchte Ermordung Trumps noch weiter aufgerissen.

Was sein Motiv angeht, wird in den Medien bisher nur spekuliert. Der junge Mann mit Namen Thomas Matthew Crooks war demnach eingetragenes Mitglied der Partei der Republikaner (!), soll aber auch Spenden in geringer Höhe an linke Gruppierungen getätigt haben. Ob das für seine Motivation in irgend einer Form relevant ist, kann man aus meiner Sicht überhaupt nicht feststellen. Das Einzige, das man durchaus erkennen kann ist: Er ist u.a. das Produkt der abstrusen und zum Teil perversen Einstellung der US-Amerikaner zu Waffen und deren Handhabung.

Crooks war im Besitz eines Sturmgewehres nach Art des M16, wie man aus den Medien erfahren konnte. Dieses sei im Besitz der Familie gewesen – eine Tatsache, die aufzeigt, was ich damit meine. Neben der nach wie vor unüberwindbar starken Lobbyarbeit der sogenannten American Rifle Association, der Vereinigung der Waffenhersteller, sind die US-Amerikaner grundsätzlich von ihrem „Recht“ auf das Tragen von Waffen überzeugt, was vor allem historische Gründe in der Heroisierung der amerikanischen Pionierzeit hat. Die vielen Amokläufe in den USA mit Tausenden von Opfern und eben auch dieses Attentat und die Folgen davon ändern diese Einstellung offenbar nicht, bzw. führen bisher nicht zu politischen Mehrheiten, die das Problem ernsthaft angehen wollten.  

Die Folgen für Donald Trump sind hingegen aus seiner Sicht neben der Tatsache, dass er überlebt hat, sicherlich mehr als positiv. Instinktsicher hat er umgehend nach der Tat Bilder produziert, die gern von allen Medien weltweit aufgegriffen werden. Mit gestreckter Faust und blutigem Gesicht vor dem wehenden Sternenbanner ließ er sich von den Beamten des Secret Service von der Bühne der Wahlkampfveranstaltung führen. „Seht her, jetzt wollen sie mich sogar töten, aber ich kämpfe ungebrochen weiter“, wollen diese Bilder sagen.

Und es wird ihm auf jeden Fall nutzen, denn schon umgehend danach wird an den Börsen darüber spekuliert, dass er bei der im November anstehenden Wahl zur Präsidentschaft nun einen „Erdrutschsieg“ einfahren werde. Zudem heizt diese Tat Verschwörungstheorien zu seinen Gunsten an. Weshalb konnte der Täter so nah an ihn herankommen? Haben der Secret Service und das FBI absichtlich versagt? Hat gar Präsident Biden den Schießbefehl dazu gegeben? All dies kursiert nun in den sozialen Netzwerken und wird Trumps Anhänger aufwiegeln und ihm wahrscheinlich auch weiteren Zulauf sichern.

Biden selbst, der aufgrund der Diskussion um sein Alter und seinen Gesundheitszustand ja ohnehin schon unter Druck geraten ist, muss nun zudem seine Wahlkampfstrategie ändern und deutlich abmildern, die bisher darauf abzielte, die Präsidentenwahl zu einer Schicksalswahl zwischen Demokratie und Diktatur zu stilisieren. Im Grunde genommen ist sie das auch angesichts der zu erwartenden Politik Donald Trumps tatsächlich, sollte der Unternehmer wirklich erneut Präsident der USA werden.

Trump wird nach erfolgreicher Wahl seine politischen Gegner auf irgendeine Weise versuchen auszuschalten, die Justiz weiterhin nach seinem Willen zu gestalten und er wird Außenpolitik nach unvorhersehbarem Gutdünken betreiben. Vielleicht wird er gar nach dem Vorbild vieler Despoten, die er ja nach eigenem Bekunden bewundert, versuchen eine dritte Amtszeit oder gar weitere darüber hinaus zu erwirken – möglicherweise vor dem Hintergrund geopolitischer Entwicklungen, die ihm als Begründung in Notzeiten dienen könnten.

Das alles ist nach einer Machtübernahme dieses Mannes in einer ohnehin schwer angeschlagenen Demokratie möglich und das Attentat auf ihn hilft ihm dabei unverhofft. Biden bleibt aus meiner Sicht angesichts seiner wahlkampfbedingten Befangenheit nun nur noch der Rückzug zu Gunsten eines oder einer Kandidat/in aus dem Kreis der Demokraten, der oder die in der Lage ist, die Amerikaner von einem gesellschaftlichen Neuanfang zu überzeugen. Vier Monate vor der Wahl ist dies jedoch ein ziemlich unerreichbar scheinendes Ziel – nach diesem Attentat und den daraus generierten Bildern wird es noch ambitionierter.       

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