Das Ende ist nahe
Das Ende ist nahe
Das Ende ist nahe
… das der sogenannten friedlichen Nutzung der Atomkraft in Deutschland nämlich.
Heute am 15. April 2023 werden die letzten drei Meiler Isar 2, Neckarwestheim 2
und Emsland endgültig (?) abgeschaltet.
Das Fragezeichen
deutet an, dass man sich angesichts der politischen Kräfteverhältnisse und der
daraus resultierenden Debatten um dieses Thema leider nie ganz sicher sein
kann. Der Ausstieg aus der Atomkraft wurde in Deutschland bekanntlich schon
mehrfach beschlossen (2000 von der Regierung Schröder, 2011 nach einem
kurzfristigen Ausstieg aus dem Ausstieg und in Folge der Katastrophe von
Fukushima dann wieder von der Regierung Merkel).
Die
Gegenargumente, welche die bevorstehende Abschaltung der drei übrigen
Atomkraftwerke in diesem Land vor allem bei Politikern von CDU/CSU und auch FDP
erzeugen, sind bezeichnend für die generelle Debatte um dieses alte Thema. Doch
die Intensität und die Präsens in den Medien überraschen doch ein wenig. Haben
doch die beiden genannten Parteien eben 2011 diesen Ausstieg beschlossen.
Die Argumentation
ist jedoch sehr fragwürdig und an vielen Stellen absichtlich
überzogen. Da wird wieder mal der altbekannte drohende „Blackout“ hervorgeholt,
obwohl die drei Meiler zum Schluss nur noch mit etwas über 4% an der gesamten
Stromerzeugung beteiligt waren und zwischendurch auch zu Wartungszwecken
abgeschaltet waren, ohne dass in Deutschland die Lichter ausgegangen wären.
Auch die
Anmerkung, dass es jetzt doch angesichts der derzeitigen Energiekrise der falsche
Zeitpunkt wäre, wird ständig wiederholt. Stattdessen, so die Kritiker, würden
jetzt wieder vermehrt Kohlekraftwerke mit ihren für die CO2-Bilanz schlechten
Werten reaktiviert werden müssen, da die Erneuerbaren Energien nicht genügend
ausgebaut seien und zudem bei Windflaute und in der Nacht keinen Strom liefern
würden.
Diese Argumente
sind scheinheilig, denn zunächst muss man dem entgegnen, dass genau die
Parteien, die den Ausstieg aus der Atomkraft mit genau diesen Bemerkungen jetzt
begleiten, in ihrer Regierungszeit dafür gesorgt haben, dass die Erneuerbaren
ausgebremst und eben nicht so rasch wie benötigt ausgebaut wurden. Jetzt so zu
tun, als sei das eine neue Erkenntnis, ist verlogen und falsch. Die Befürworter
von Wind- und Solarenergie predigen diesen nötigen Ausbau schon seit mindestens
20 Jahren. Und mindestens solange gibt es schon alternative Energiekonzepte,
die nie ernstgenommen oder aus opportunistischen Gründen verworfen wurden.
Und die
Stammtischparolen bezüglich der Unzuverlässigkeit der Erneuerbaren sind übrigens
ebenso falsch und heuchlerisch. Natürlich weht nicht immer überall Wind und es
scheint nicht jeden Tag die Sonne. Aber wir haben auch keine lokale
Stromversorgung, sondern einen Verbund – und zwar einen europaweiten, innerhalb
dessen Netz es ständig und jeden Tag zu Import und Export von Energie kommt.
Zudem ist eher die Frage nach einer gleichmäßig über alle Bundesländer
verteilten Ausbaustrategie von Windkraft- und Solaranlagen wichtig. Aber genau
da hapert es bei den kernenergiefreundlichen Maulhelden wie Markus Söder in
Bayern natürlich wieder mal.
Leute wie der
bayrische Ministerpräsident haben offenbar noch immer nicht verstanden, wie die
Zeichen der Zeit zu deuten sind. Selbst die Energieerzeuger in Deutschland
haben kein Interesse mehr am Fortlauf der teuren und unberechenbaren
Atomenergie. Wer das Interview im Heute-Journal am gestrigen Freitag (14.4.23)
mit dem EnBW-Chef Andreas Schell gesehen hat, der weiß was ich meine. Er
wundert sich ebenfalls über die nun so heftig in den Medien auftauchende
Debatte um die Abschaltung und plädiert für den Ausbau der Erneuerbaren
Energien.
Kein Wunder
übrigens, denn die vier großen Energieerzeuger haben sich längst profitabel von
der Atomenergie verabschiedet und setzten natürlich auf die künftigen
Energieformen, die sie am liebsten wieder zentral unter sich aufteilen wollen.
Von der Verantwortung der strahlenden Hinterlassenschaften haben sie sich schon
vor Jahren freigekauft und für die eigentlich früher geplante Abschaltung der restlichen
Meiler haben sie noch einmal 2,3 Mrd. € kassiert, die übrigens nicht
zurückgezahlt wurden, nachdem die Atomkraftwerke dann doch noch länger liefen.
Doch die
Anhängerschaft der Atomkraft ficht das alles offenbar nicht an. Wiederholt wird
die angebliche Renaissance dieser gefährlichen Energieform anhand der geplanten
oder sich in Bau befindlichen (und Milliarden verschlingenden) Meiler in
Nachbarländern wie Frankreich hervorgeholt. Dass sich die Bauten um Jahre
verzögern und ständig teurer werden, wird entweder ignoriert oder verschwiegen.
Der Neubau des Atomreaktors in Flamanville dauert seit 2007 an und wird sich
vermutlich noch weiter verzögern. Hintergrund sind sicherheitsrelevante
Veränderungen in den Planungen, die ständig neuen Erkenntnissen angepasst
werden müssen. 16 Jahre Bauzeit also für eine angeblich zukunftsorientierte
Technik – dagegen ist sogar der BER ein reines Blitzprojekt gewesen.
Auch die
angeblich so hohe Sicherheit der deutschen Kraftwerke (nach Tschernobyl und bis
Fukushima waren es immer die „sicheren westlichen“ Atomkraftwerke) ist nur ein
Märchen. Wer sich die meldepflichtigen Störfälle in deutschen Atomkraftwerken
bei Wikipedia oder im dafür zuständigen Bundesportal anschaut, erkennt an
einigen Fällen, dass wir in diesem Land schon mehrfach ganz knapp an einer
bedeutenden Katastrophe entlanggeschrammt sind. Ein Unfall an einem Kernreaktor
im dichtbesiedelten Deutschland würde ganze Landstriche für viele Jahre
unbewohnbar machen – ganz zu schweigen von den gesundheitlichen Folgen der
direkt betroffenen Menschen in der Nähe der AKW’s.
Die Entsorgung
des für Jahrtausende strahlenden Mülls ist das nächste Problem, das noch immer
nicht annähernd gelöst ist. Der vermessene Ansatz, die Abfälle für mehr als 1
Million Jahre „sicher“ abschließen zu können, ist an Arroganz gegenüber
nachfolgenden Generationen (30.000 nämlich) sicher nicht zu überbieten. Man
wird uns zu recht verfluchen für die gefährlichen Hinterlassenschaften, die wir
den Menschen der Zukunft aufbürden, weil unser Energiehunger so ungebremst und
unbedacht gewesen ist. Das aber jetzt mit den scheinheiligen Argumenten von
Söder & Co fortführen zu wollen, ist einfach nur ignorant und dumm.
Das Ende der
Atomenergie kommt viel zu spät, aber es ist wenigstens endlich eingeleitet und
darf nie wieder infrage gestellt werden.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen