Corona und kein Ende?

Coronavirus und kein Ende?

Die Meldungen zu dieser Epidemie überschlagen sich beinahe im Minutentakt. Die Zahlen der Infizierten (und der Todesfälle) bestimmen die Schlagzeilen der Medien und die Politik reagiert mit Maßnahmen, die bis vor kurzem noch undenkbar waren.

Der Aufruf von Kanzlerin Merkel, soziale Kontakte möglichst zu vermeiden, scheint angesichts der sich explosionsartig vermehrenden Erkrankungsfälle tatsächlich angebracht. Aus diesem Grund werden auch immer mehr Veranstaltungen, Meatings, Konzerte und andere Massenansammlungen abgesagt, was aus meiner Sicht trotz der damit verbundenen Nachteile z.B. für Konzertticketbesitzer (da gehöre ich auch dazu) der einzig richtige Schritt ist. Schulen und Kitas werden geschlossen, Altersheime mit Besuchssperren belegt und Grenzen ganzer EU-Staaten abgeriegelt.

Was jedoch noch alles auf uns zukommt, lässt sich derzeit nicht wirklich abschätzen. Wahrscheinlich wird es zu vielen Ausfällen in Betrieben kommen und ebenso wahrscheinlich kommt es zu Isolierungen von Häusern, Straßenzügen, Städten (?) und Fabriken. Gerade im Bereich der Wirtschaft wird es mit Sicherheit entsprechende Einbrüche durch nicht stattfindende Produktion aufgrund von erkrankten Belegschaften oder fehlenden Zulieferteilen geben.

Erstaunlich hierbei ist ein bedeutender Paradigmenwechsel in der Wirtschaftspolitik. Finanzminister Olaf Scholz und sein Kollege, Wirtschaftsminister Peter Altmeier, die beiden bisherigen Hohepriester der „schwarzen Null“, verkünden plötzlich, dass praktisch unbegrenzte Kredite für Unterstützungen und Investitionen vorhanden sind. Die Beantragung von Kurzarbeit wird deutlich erleichtert, Steuern für Selbstständige und Firmen jeder Größe sollen gestundet, und die vom Export abhängige Wirtschaft soll durch Binnenkaufkraft gestützt werden – zum Großteil übrigens Forderungen von Gewerkschaften, die unter „normalen“ Umständen immer lautstark zurückgewiesen wurden.

Wenn es also eine positive Seite dieser Krise gibt, dann liegt sie hoffentlich darin, dass nun andere Dinge als das ewige Wachstum oder der maximale Profit wichtig werden. In einer der jüngsten „heute“-Sendungen wurde NRW-Ministerpräsident Armin Laschet gefragt, wann eigentlich der CDU-Parteitag zur Bestimmung eines neuen Vorsitzenden stattfinden würde. Seine Antwort (und vor allem der Gesichtsausdruck dazu) lautete, dass ihn das im Moment überhaupt nicht interessiere. Das kam überzeugend rüber und spiegelte die Sorge über die aktuelle Situation wider, die alles andere unwichtig werden lässt.

Dabei fällt mir übrigens einer von Laschets Konkurrenten ein, der noch vor kurzer Zeit der Liebling der Medien war und nun scheinbar vollkommen abgetaucht ist. Was also ist eigentlich mit Friedrich Merz geschehen? Was hat er aktuell zu sagen und was meint er nun zu seinem Vorschlag, die Renten doch künftig an den Aktienmärkten anzulegen – also jene, die gerade ins Bodenlose abschmieren? Bei diesen Fragen wird meiner Ansicht nach deutlich, wie unsozial und angreifbar die kapitalistische Ausrichtung von Merz und seinen Mitstreitern der sogenannten Finanzmarkt- und Wirtschaftselite angesichts eines solchen Naturereignisses in Wahrheit ist.

Und was machen wir übrigen Menschen eigentlich in dieser Situation? Einige Zeitgenossen zeigen durch ihr Verhalten, dass sie die sogenannte Individualisierung und Entsolidarisierung, die man der Gesellschaft in vier Jahrzehnten neoliberaler Ideologie erfolgreich antrainiert hat, tatsächlich verinnerlicht haben. Nicht nur die teilweise wie wahnsinnig erfolgenden Einkäufe von Klopapier, Mehl und Nudeln, auch der (unsinnige) Diebstahl von Desinfektionsmitteln aus Krankenhäusern zeigt den Charakter solcher Menschen. Es mag auch Angst dahinterstecken, aber es bleibt ein egoistisches, asoziales Verhalten, zu versuchen, 50 kg Mehl einzukaufen und dann noch gewalttätig zu werden, weil man damit an der Kasse nicht durchkommt.

Eine weitere Gruppe aus den eher finanziell stärkeren Regionen des gesellschaftlichen Spektrums verabschiedet sich hingegen gänzlich und geht sozusagen gleich in eine selbstgewählte Quarantäne, bestehend aus der Welt der „Schönen und Reichen“ – zumindest ein Teil von ihnen handelt so. Der Kontakt zu den Normalsterblichen wird vollkommen vermieden, man bleibt lieber unter sich. Doch gerade dies Klientel könnte in solchen Zeiten zur Mitverantwortung in Form von entsprechenden Steuern herangezogen werden, um mit den starken finanziellen Schultern ein Teil der gesellschaftlichen Last zu tragen. Allein der Glaube daran fehlt mir, dass es trotz aller hohen Kosten, welche die Corona-Epidemie verursachen wird, dazu kommt.

Aus meiner Sicht geht es aber auch anders und es wird scheinbar notwendig, dass wir uns künftig wieder solidarischem Handeln untereinander verschreiben. Dass wir wieder so etwas wie Nächstenliebe entwickeln und unseren Fokus auf andere Dinge, wie das neuste I-Phone, den noch größeren Fernseher, das höhere SUV, das nächste Germanys Topmodell und weiterer derartiger Unsinnigkeiten legen. Und schon gar nicht brauchen wir rechte Demagogen und Populisten, die mit ihrem rassistischen und nationalistischen Schwachsinn versuchen, aus der aktuellen Lage Kapital zu schlagen, ansonsten aber auch überhaupt keine vernünftigen Antworten auf eine solche Krise haben, außer „Schuldige“ zu finden. Solche Beiträge können wir als Gesellschaft gebrauchen, wie einen entzündeten Blinddarm.

Versuchen wir also als Menschen in einer solchen Krise zu handeln und gesund zu bleiben – und zwar in ethischer und humanistischer Hinsicht.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Krieg der Klassen

Lieber Trash statt Bildung

Er ist leider wieder da ...