Ihre Methoden ...

Im Hinblick auf die immer schlechter werdenden deutsch-türkischen Beziehungen und den aktuell schrillen Tönen ist es wohl angebracht, sich mal ein paar Gedanken über diese Entwicklung zu machen. Ich richte mich mit diesem Text u.a. an viele meiner türkischstämmigen Kolleginnen und Kollegen, Bekannten und Freunde, sofern sie vorhaben, Präsident Erdogan in seinem Bestreben, eine Präsidialregierung in der Türkei zu errichten, zu unterstützen.

Aus meiner Sicht ist ein derartiges Vorhaben auf keinen Fall gutzuheißen. Wer mit dermaßen ruppigen Mitteln versucht, seine Macht zu stärken und vor allem alles dafür tut, dass diese Macht künftig nicht mehr kontrolliert wird, der verlässt den Boden der Demokratie – auch wenn er das ständig anderen vorwirft. Die Nebelkerzen, die Erdogan derzeit in Richtung deutsche Regierung schmeißt, weisen ebenfalls darauf hin. Er vergleicht die Politik der Bundesregierung mit derjenigen der Nazis und handelt damit geschichtsvergessen, weil er die unvergleichbaren Verbrechen des Hitler-Regimes damit egalisiert, nur um mit diesen verbalen Entgleisungen seine Anhängerschaft hinter sich zu scharen. Das Ganze wird gepaart mit nationalistischen Sprüchen (welche die Nazivorwürfe eigentlich ad absurdum führen) und ein wenig beigemixter Religion. Genau das sind jedoch die Mittel, mit denen hierzulande und in anderen europäischen Ländern Populisten, Rassisten und Nationalisten auf Stimmenfang gehen.

Das sind genau die Methoden, die von der NPD, der AfD, dem Front national‘, von Geert Wilders, Viktor Orban, Donald Trump und anderen derartigen machtgeilen Wahrheitsverdrehern und politischen Spiegelfechtern genutzt werden, um Menschen zu verführen. Erdogan wird sich, wenn er sich mit seinem Vorhaben tatsächlich durchsetzt, nicht zum „lieben Landesvater“ entwickeln, der von seiner hohen Position aus dann alles zum „Guten“ lenkt. Er wird sich – wie alle Despoten – mit Leuten umgeben, die ihm den Speichel lecken. Er wird vor allem wirtschaftliche Vorteile für sich und seine Familie und die engsten Vertrauten sichern, um sich notfalls damit abzusetzen. Er wird ein Regime von Spitzeln errichten, die alles und jeden ausspähen und jedes auch nur verdächtig kritische Wort und jede Handlung wird furchtbar geahndet.

Das alles ist nicht neu, sondern schon viele Male so geschehen und funktioniert vor allem dann immer wieder, wenn die Mehrheit der Bevölkerung sich mit lächerlichen nationalistischen Sprüchen dermaßen einlullen lässt und nicht bemerkt, wie der Ring der Diktatur immer enger gezogen wird. Verbotene Medien, der ständig platte Vorwurf des Terrorismus gegen jeden Andersdenkenden, die Gleichschaltung von Parlament, Gerichten, Polizei und Militär, politische Gefangene, schrille Hasspredigten vor dem eigenen riesigen Konterfei. Was braucht es denn noch mehr, um einzusehen, in welche Richtung die Türkei abgleitet? So jemanden wie Erdogan darf man keine Stimme geben, um ihn damit auf das Podest der Macht zu heben, von dem er so schnell nicht wieder herunterzukriegen ist. Genauso, wie man Frauke Petry, Marie Le‘ Pen, Geert Wilders und Konsorten als Totengräber der Demokratie keine Stimme geben darf.

Damit kommen wir auch zu der Frage, ob man der türkischen Regierung, die sich demnächst selbst in ihrer derzeitigen Form abschaffen will, die Möglichkeit geben soll, in Deutschland vor großen Massen zu sprechen? Ehrlich zugegeben habe ich persönlich eine innere Abneigung dagegen, diesen Menschen das Podium zu geben, ihr politisches Gift zu verspritzen. Ich will z.B. auch nicht, dass Alexander Gauland oder Björn Höcke eine Bühne für ihre menschenverachtende Ideologie geboten wird und ärger mich über jedes veröffentlichte Interview, das die Presse mit derartigen Typen führt. „Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden“, hat Rosa Luxemburg einst gesagt und ich bin stets dabei versucht zu ergänzen, dass dies aber auch nur dann infrage kommt, wenn auch der Andersdenkende ebenfalls diese Freiheit akzeptiert und sie nicht am Ende verbieten will.

Dennoch muss eine Demokratie solche Leute wohl aushalten und dafür muss sie stark sein, was an jedem Einzelnen von uns liegt, das zu erhalten. Deshalb will ich mich auch nicht bei denjenigen einreihen, die ein Redeverbot türkischer Minister in Deutschland nur deshalb fordern, weil sie ohnehin etwas gegen Menschen anderer Herkunft haben und dies nun zum Anlass nehmen, sich derart zu äußern. Man muss die Populisten jeder Art jedoch entzaubern und aufzeigen, was sie wirklich vorhaben. Ich finde es richtig und notwendig vor derartigen Entwicklungen zu warnen, so lange das noch möglich ist, damit es weiterhin möglich bleibt!

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