Berlin, Dezember 2016

Fernab der üblichen Betroffenheitsphrasen vieler Politiker und noch viel entfernter von den leider andauernd hochgewürgten Hasskommentaren von Menschen, die das entweder nur aus Machtgeilheit und politischem Kalkül machen, oder das Nachdenken schon lange gegen ihre zementierten Vorurteile, Verlustängste, ihren Neid und ihren Hass auf alles, was nicht ihrer einfach gestrickten Norm entspricht, eingetauscht haben – hier mein Beitrag zum furchtbaren Anschlag in Berlin:

Was der oder die Täter den Menschen und ihren Angehörigen gerade jetzt kurz vor Weihnachten angetan haben, ist unfassbar. Was muss mit jemandem passieren, bis man so weit ist, solche Taten zu vollbringen? Wie kann die persönliche Hemmschwelle so dermaßen heruntergefahren werden, dass man in der Lage ist, mit einem LKW mitten in eine Menschenmenge hineinzufahren und die Leute – egal welchen Alters – damit auf schrecklichste Weise zu töten und zu verletzen?

Deutlich wird an dieser Stelle wieder einmal, dass man Terror nicht wirklich aufhalten kann ... zumindest nicht durch kurzfristige (und -sichtige) Methoden. Nicht durch „härtere Gesetze“ oder durch „Burka-Verbote“ und schon gar nicht durch „geschlossene Grenzen“ oder den „Kampf gegen den internationalen Terrorismus“ in Afghanistan, dem Irak oder Syrien. Vielleicht langfristig durch eine vollkommen andere Außenpolitik des sogenannten „Westens“, aber derzeit müssen wir uns damit abfinden, dass derartige Anschläge immer wieder vorkommen können.

Auffällig in diesem Zusammenhang ist, dass heutzutage immer mehr Menschen, aber auch viele Medien davon sprechen, dass „es immer schlimmer wird“, „alle nur noch verrückt“ seien und die Welt „ins Chaos stürzen“ würde. Die Frage dabei ist, ob dieses offensichtlich vielfach vorhandene Empfinden tatsächlich einen realen Hintergrund hat, oder ob das nur deshalb so scheint, weil man mehr Informationen und Nachrichten (ob nun wahr oder gefakt) erhält, die genau darauf abzielen. Aber wenn es denn so ist, dass die Welt immer „verrückter“ wird, es immer mehr Gewalt und Hass gibt, dann müssen wir doch selbst als Gesellschaft endlich gegensteuern und etwas unternehmen. Es wird uns ansonsten niemand diese Aufgabe abnehmen.

Das hört sich sicherlich herausfordernd oder vielleicht sogar auf den ersten Blick großspurig an, aber beginnen wir doch bei den kleinen Dingen damit. Welche das sind? Ganz einfach: hören wir damit auf, ständig nach materiellen Dingen als Glückersatz zu schielen. Rennen wir nicht mehr ständig dem neuen I-Phone oder S7 hinterher – vor allem, starren wir nicht mehr andauernd darauf, während wir einen Kinderwagen vor uns herschieben, statt unsere Kinder anzublicken und sich mit ihnen zu beschäftigen.

Hören wir damit auf zu glauben, wir seien der beste Autofahrer (oder der verkannteste Rennweltmeister) und müssten wie wild über die Straßen rasen, andere bedrängen und möglichst gefährlich überholen. Schauen wir einfach nicht mehr hin, wenn uns das Prollfernsehen am Nachmittag oder am frühen Abend Verlierer präsentiert, die absichtlich gegeneinander aufgehetzt werden, nur damit die Einschaltquote stimmt. Hören wir nicht mehr zu, wenn uns die Hetzer und die Hassprediger wahrmachen wollen, was wir zu glauben haben oder wer gerade wieder Schuld hat.

Lassen wir es einfach nicht mehr zu, dass wir dazu gedrängt werden, nur noch konsumwütige Herden zu sein, die sich gegenseitig für das angebliche Sonderangebot beiseitestoßen, nur um etwas als erster zu besitzen, was spätestens nach einem halben Jahr unbeachtet in der Ecke oder im Schrank liegt. Machen wir einfach nicht mehr mit bei dem angeordneten, unmenschlichen Wettlauf nach höher, schneller, weiter, mehr, nur damit andere dadurch ihren dekadenten Reichtum weiter erhöhen. Setzen wir uns doch gerade jetzt zu Weihnachten lieber mit der Familie, mit Freunden, mit Nachbarn zusammen, lachen und lieben wirklich, statt nur auf der Hatz zu sein, möglichst viele und große Geschenke zusammenzubekommen und dem Kommerz als Sklaven zu dienen.

Es gibt aus meiner tiefsten Überzeugung heraus einen Zusammenhang zwischen all diesen Verhaltensweisen und dem Zerfall einer Gesellschaft, der gegenseitigen Hass und somit auch am Ende Terror schürt. Also: hören wir endlich damit auf zu glauben, dass wir besser oder mehr wert seien, als die anderen, die mit uns leben. Das gilt für alle Seiten, alle Religionen, alle Minderheiten, alle Mehrheiten, alle Lebensstile, alle Geschlechter, alle Menschen, die hier leben wollen! Wenn wir das begriffen haben, dann sind wir ein riesiges Stück weitergekommen als Gesellschaft. Ich finde, wir sind genau das den Opfern von Paris, Brüssel, Ankara, Boston, New York, Berlin und anderen Städten, in denen der Hass zuschlug, schuldig.

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