Krise?
Wie bitte, Flüchtlingskrise? Das Boot ist schon wieder voll und wir müssen die Außengrenzen Europas abschotten? Dafür paktiert man plötzlich auch gern wieder mit Leuten, die man ansonsten öffentlich wegen ihrer Minderheitenpolitik kritisiert und die man auch ansonsten nicht in der EU haben will, deren Grenzen sie jedoch schützen sollen. In dieser Thematik steckt so viel politische Heuchelei und Verlogenheit, wie schon lange nicht mehr. Sowohl außen- als auch innenpolitisch.
Vor allem die Lederhosentaliban aus Bayern, die CSU, tut sich an der Stelle mal wieder besonders hervor und bedient die üblichen Ressentiments der „besorgten Bürger“ über die „Flüchtlingsschwemme“, wegen der man das Asylrecht einschränken müsse und überhaupt sei es ein Fehler gewesen, die Leute hier ins Land zu lassen (…) Eine Abordnung von über 30 CDU-Politikern aus unterschiedlichen Bundesländern wendet sich „besorgt“ an Kanzlerin Merkel und kritisiert deren Flüchtlingspolitik, die „nicht der Satzung der CDU“ entspräche. In Erfurt folgen Tausende dem Aufruf der rechtspopulistischen AfD gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. In der Braunschweiger/ Salzgitter Zeitung und anderen Medien wird in Leitartikeln davon gesprochen, dass „auch das reiche Deutschland an seine Grenzen“ stoße, als würde das Land wegen der Flüchtlinge finanziell ausbluten.
Eine Krise ist das sicherlich – für die Menschen, die aufgrund von Krieg und Gewalt ihre Heimat verlassen mussten, sich auf den gefährlichen und weiten Weg machten und hier nach einer neuen Zukunft ohne Angst vor der Zerstörung des persönlichen Umfeldes und des Lebens suchen. Aber für uns als Deutsche, die sich in der glücklichen Lage befinden, in einem Land zu leben, das seit über sieben Jahrzehnten einen stabilen Frieden erlebt, ist das sicher fast unvorstellbar, wie sich diese Leute fühlen müssen. Obwohl es natürlich auch hier noch Menschen gibt, die sich an Flucht und Vertreibung erinnern werden und vielleicht nachvollziehen können, was das bedeutet. „Das seien aber auch Deutsche gewesen, die innerhalb des einstigen eigenen Landes flüchteten und wieder nach Deutschland gekommen seien“, heißt es dazu zynisch aus der rechten Ecke, als ob es entscheidend wäre, welche Nationalität Menschen in Not haben.
Ich hantiere in solchen Fällen zwar nicht gern mit nackten Zahlen, aber trotzdem sollte man sich einige Fakten zu den ständig dargestellten Befürchtungen und Behauptungen im Zusammenhang mit den Flüchtlingen anschauen. In diesem Jahr wird damit gerechnet, dass aufgrund der aktuellen Lage vor allem in Syrien, Afghanistan aber auch vielen zentralafrikanischen Ländern zwischen 500.000-800.000 Menschen hier Asyl suchen. Im Verhältnis zu den vergangenen Jahren, in denen die Zahlen der Asylbewerber lediglich fünfstellig waren, ist dies in der Tat eine deutliche Erhöhung, aber eben der weltpolitischen Lage geschuldet. Trotzdem kann hier nicht von einer „Schwemme“ (das ist ohnehin menschenverachtend) oder gar einer Überfüllung des Landes gesprochen werden. Allein in den Jahren 2013 und 2014 sind nämlich jeweils rund 800.000 Menschen aus Deutschland ausgewandert!
Die ebenfalls immer wieder befürchtete Leerung der Sozialkassen ist eines der Hauptargumente vor allem aus dem rechten Lager. Schaut man sich einmal den Bundeshaushalt aus 2015 an, der mit einer Gesamtsumme von 301,6 Mrd. € angegeben wird, dann fällt vor allem der größte Anteil der Ausgaben auf Soziales mit rund 126 Mrd. €. Gleich an zweiter Stelle kommt übrigens Verteidigung mit rund 33 Mrd. €. Wie also finanziert man eine mögliche Erhöhung der Sozialausgaben durch Kosten, die durch die Flüchtlinge anfallen? Ich könnte jetzt platt antworten: indem man den Verteidigungshaushalt umschaufelt und kein Geld mehr für Gewehre ausgibt, die ohnehin nicht geradeaus schießen können – aber das mache ich an der Stelle selbstverständlich nicht.
Aber abgesehen von der Tatsache, dass die Menschen die Chance haben müssen, sozialversicherungspflichtige Arbeit zu bekommen, um damit zu Beitragszahlern zu werden, könnte man sich ja nochmals die Vermögenssituation in Deutschland ansehen. Dieses Vermögen liegt inzwischen bei insgesamt 11,5 Billionen (also 11500 Mrd.) Euro. Davon sind rund sechs Billionen Euro Barvermögen, der Rest besteht aus Immobilienwerten und sonstigen Anlagen. Wieder platt gerechnet könnte man damit den gesamten Haushalt für die nächsten 38 Jahre mehr als verdoppeln. Aber das soll natürlich nicht geschehen – eine gerechtere (oder überhaut einmal stattfindende) Besteuerung dieser Vermögenswerte, die sich übrigens zum Hauptteil in den Händen einer kleinen Minderheit befinden, hätte aber Mehreinnahmen von bis zu 20 Mrd. €/ anno zur Folge.
Was die Unterbringung der Menschen angeht, kann man ebenfalls anhand der Zahlen der bundesweit bestehenden Leerstände (nur Mietwohnungen) feststellen, dass es keine Probleme geben dürfte. Über 720.000 Wohnungen stehen nämlich derzeit in der Bundesrepublik leer. Natürlich kann man diese Leerstände nicht einfach so eins zu eins mit den Flüchtlingen besetzten, aber es wird deutlich, dass es keine Probleme mit „Überfüllung“ des Landes durch Zuwanderer gibt, wie von den Flüchtlingsgegnern immer behauptet wird.
All diese genannten Zahlen habe ich übrigens in einer viertel Stunde „zusammengegooglet“, das heißt, jeder kann sich diese Fakten besorgen und braucht dafür noch nicht einmal umständlich zu recherchieren. Das gilt auch gerade für die Herrschaften aus Politik und Gesellschaft, welche die rechten Klischees und Vorurteile bedienen und damit Stimmung machen, um daraus politisches Kapital zu schlagen.
Trotzdem sollte man natürlich die gesamte Lage nicht beschönigen und verharmlosen. Die derzeitige Situation z.B. in den sogenannten Erstaufnahmelagern ist in der Tat mehr als bedenklich. Inzwischen mehren sich täglich die Berichte von tätlichen Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Ethnien und auch einer deutlichen Vermehrung von Straftaten im Umfeld der Einrichtungen. Selbstverständlich ist das so. Dort, wo über 4000 Menschen zusammengepfercht sind, obwohl nur für 750 Leute Platz ist, wird es nach Wochen dieser menschenunwürdigen Situation eben auch Zoff geben. Ich habe schon Deutsche im Urlaub erlebt, die ihre Fassung verloren, weil sie am Buffet etwas länger anstehen mussten.
Auch die erhöhte Kriminalität lässt sich dadurch erklären – zumal niemand glauben muss, dass dort nur „liebe“ und unbescholtene Menschen herkommen. Das ist eben die gesamte menschliche Natur und darauf muss reagiert werden. Das kann und muss man auch ansprechen, es darf aber eben nicht zu Pauschalisierungen führen. Die vielbeschriebene deutsche Willkommenskultur kann nicht nur aus Winken am Bahnhof und dem Verteilen von Kuscheltieren bestehen – in Zukunft zeigt es sich, ob wir als Gesellschaft in der Lage sind, notleidenden Menschen zu helfen und sie wirklich hier aufzunehmen. Vor allem aber muss sich die aktuelle Lage dieser Menschen schnell ändern und wir brauchen eine wirkliche Integrationspolitik. Es mangelt also nicht an materiellen Kapazitäten sondern an Organisation (und wahrscheinlich auch ausreichendem Personal), um diese große Aufgabe zu bewältigen. Wir dürfen nicht die gleichen Fehler machen, die mit den damaligen sogenannten Gastarbeitern gemacht wurden. Die hat man ausgegrenzt und niemals wirklich hier willkommen geheißen. Diese Ablehnung gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund zieht sich bis heute hin und führt logischerweise zu Parallelgesellschaften. Menschen integrieren sich nur dort, wo sie sich aufgehoben fühlen.
So, wie wir mit den Flüchtlingen umgehen, wird es entsprechend auch zu den jeweiligen Ergebnissen oder Folgen kommen. Es ist keine Krise in dem Sinn, dass es dieses Land überfordert – aber es wird eine gewaltige Aufgabe sein, die unsere Gesellschaft auf jeden Fall verändert.
Vor allem die Lederhosentaliban aus Bayern, die CSU, tut sich an der Stelle mal wieder besonders hervor und bedient die üblichen Ressentiments der „besorgten Bürger“ über die „Flüchtlingsschwemme“, wegen der man das Asylrecht einschränken müsse und überhaupt sei es ein Fehler gewesen, die Leute hier ins Land zu lassen (…) Eine Abordnung von über 30 CDU-Politikern aus unterschiedlichen Bundesländern wendet sich „besorgt“ an Kanzlerin Merkel und kritisiert deren Flüchtlingspolitik, die „nicht der Satzung der CDU“ entspräche. In Erfurt folgen Tausende dem Aufruf der rechtspopulistischen AfD gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. In der Braunschweiger/ Salzgitter Zeitung und anderen Medien wird in Leitartikeln davon gesprochen, dass „auch das reiche Deutschland an seine Grenzen“ stoße, als würde das Land wegen der Flüchtlinge finanziell ausbluten.
Eine Krise ist das sicherlich – für die Menschen, die aufgrund von Krieg und Gewalt ihre Heimat verlassen mussten, sich auf den gefährlichen und weiten Weg machten und hier nach einer neuen Zukunft ohne Angst vor der Zerstörung des persönlichen Umfeldes und des Lebens suchen. Aber für uns als Deutsche, die sich in der glücklichen Lage befinden, in einem Land zu leben, das seit über sieben Jahrzehnten einen stabilen Frieden erlebt, ist das sicher fast unvorstellbar, wie sich diese Leute fühlen müssen. Obwohl es natürlich auch hier noch Menschen gibt, die sich an Flucht und Vertreibung erinnern werden und vielleicht nachvollziehen können, was das bedeutet. „Das seien aber auch Deutsche gewesen, die innerhalb des einstigen eigenen Landes flüchteten und wieder nach Deutschland gekommen seien“, heißt es dazu zynisch aus der rechten Ecke, als ob es entscheidend wäre, welche Nationalität Menschen in Not haben.
Ich hantiere in solchen Fällen zwar nicht gern mit nackten Zahlen, aber trotzdem sollte man sich einige Fakten zu den ständig dargestellten Befürchtungen und Behauptungen im Zusammenhang mit den Flüchtlingen anschauen. In diesem Jahr wird damit gerechnet, dass aufgrund der aktuellen Lage vor allem in Syrien, Afghanistan aber auch vielen zentralafrikanischen Ländern zwischen 500.000-800.000 Menschen hier Asyl suchen. Im Verhältnis zu den vergangenen Jahren, in denen die Zahlen der Asylbewerber lediglich fünfstellig waren, ist dies in der Tat eine deutliche Erhöhung, aber eben der weltpolitischen Lage geschuldet. Trotzdem kann hier nicht von einer „Schwemme“ (das ist ohnehin menschenverachtend) oder gar einer Überfüllung des Landes gesprochen werden. Allein in den Jahren 2013 und 2014 sind nämlich jeweils rund 800.000 Menschen aus Deutschland ausgewandert!
Die ebenfalls immer wieder befürchtete Leerung der Sozialkassen ist eines der Hauptargumente vor allem aus dem rechten Lager. Schaut man sich einmal den Bundeshaushalt aus 2015 an, der mit einer Gesamtsumme von 301,6 Mrd. € angegeben wird, dann fällt vor allem der größte Anteil der Ausgaben auf Soziales mit rund 126 Mrd. €. Gleich an zweiter Stelle kommt übrigens Verteidigung mit rund 33 Mrd. €. Wie also finanziert man eine mögliche Erhöhung der Sozialausgaben durch Kosten, die durch die Flüchtlinge anfallen? Ich könnte jetzt platt antworten: indem man den Verteidigungshaushalt umschaufelt und kein Geld mehr für Gewehre ausgibt, die ohnehin nicht geradeaus schießen können – aber das mache ich an der Stelle selbstverständlich nicht.
Aber abgesehen von der Tatsache, dass die Menschen die Chance haben müssen, sozialversicherungspflichtige Arbeit zu bekommen, um damit zu Beitragszahlern zu werden, könnte man sich ja nochmals die Vermögenssituation in Deutschland ansehen. Dieses Vermögen liegt inzwischen bei insgesamt 11,5 Billionen (also 11500 Mrd.) Euro. Davon sind rund sechs Billionen Euro Barvermögen, der Rest besteht aus Immobilienwerten und sonstigen Anlagen. Wieder platt gerechnet könnte man damit den gesamten Haushalt für die nächsten 38 Jahre mehr als verdoppeln. Aber das soll natürlich nicht geschehen – eine gerechtere (oder überhaut einmal stattfindende) Besteuerung dieser Vermögenswerte, die sich übrigens zum Hauptteil in den Händen einer kleinen Minderheit befinden, hätte aber Mehreinnahmen von bis zu 20 Mrd. €/ anno zur Folge.
Was die Unterbringung der Menschen angeht, kann man ebenfalls anhand der Zahlen der bundesweit bestehenden Leerstände (nur Mietwohnungen) feststellen, dass es keine Probleme geben dürfte. Über 720.000 Wohnungen stehen nämlich derzeit in der Bundesrepublik leer. Natürlich kann man diese Leerstände nicht einfach so eins zu eins mit den Flüchtlingen besetzten, aber es wird deutlich, dass es keine Probleme mit „Überfüllung“ des Landes durch Zuwanderer gibt, wie von den Flüchtlingsgegnern immer behauptet wird.
All diese genannten Zahlen habe ich übrigens in einer viertel Stunde „zusammengegooglet“, das heißt, jeder kann sich diese Fakten besorgen und braucht dafür noch nicht einmal umständlich zu recherchieren. Das gilt auch gerade für die Herrschaften aus Politik und Gesellschaft, welche die rechten Klischees und Vorurteile bedienen und damit Stimmung machen, um daraus politisches Kapital zu schlagen.
Trotzdem sollte man natürlich die gesamte Lage nicht beschönigen und verharmlosen. Die derzeitige Situation z.B. in den sogenannten Erstaufnahmelagern ist in der Tat mehr als bedenklich. Inzwischen mehren sich täglich die Berichte von tätlichen Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Ethnien und auch einer deutlichen Vermehrung von Straftaten im Umfeld der Einrichtungen. Selbstverständlich ist das so. Dort, wo über 4000 Menschen zusammengepfercht sind, obwohl nur für 750 Leute Platz ist, wird es nach Wochen dieser menschenunwürdigen Situation eben auch Zoff geben. Ich habe schon Deutsche im Urlaub erlebt, die ihre Fassung verloren, weil sie am Buffet etwas länger anstehen mussten.
Auch die erhöhte Kriminalität lässt sich dadurch erklären – zumal niemand glauben muss, dass dort nur „liebe“ und unbescholtene Menschen herkommen. Das ist eben die gesamte menschliche Natur und darauf muss reagiert werden. Das kann und muss man auch ansprechen, es darf aber eben nicht zu Pauschalisierungen führen. Die vielbeschriebene deutsche Willkommenskultur kann nicht nur aus Winken am Bahnhof und dem Verteilen von Kuscheltieren bestehen – in Zukunft zeigt es sich, ob wir als Gesellschaft in der Lage sind, notleidenden Menschen zu helfen und sie wirklich hier aufzunehmen. Vor allem aber muss sich die aktuelle Lage dieser Menschen schnell ändern und wir brauchen eine wirkliche Integrationspolitik. Es mangelt also nicht an materiellen Kapazitäten sondern an Organisation (und wahrscheinlich auch ausreichendem Personal), um diese große Aufgabe zu bewältigen. Wir dürfen nicht die gleichen Fehler machen, die mit den damaligen sogenannten Gastarbeitern gemacht wurden. Die hat man ausgegrenzt und niemals wirklich hier willkommen geheißen. Diese Ablehnung gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund zieht sich bis heute hin und führt logischerweise zu Parallelgesellschaften. Menschen integrieren sich nur dort, wo sie sich aufgehoben fühlen.
So, wie wir mit den Flüchtlingen umgehen, wird es entsprechend auch zu den jeweiligen Ergebnissen oder Folgen kommen. Es ist keine Krise in dem Sinn, dass es dieses Land überfordert – aber es wird eine gewaltige Aufgabe sein, die unsere Gesellschaft auf jeden Fall verändert.
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