Ist Griechenland noch zu retten?

Ist Griechenland noch zu retten? Solche und ähnliche Fragen konnte man in der letzten Zeit wieder häufig in der Presse lesen. Die neue griechische Regierung um Ministerpräsident Alexis Tsipras und seinen Finanzminister Giannis Varoufakis hatte versucht, das Land aus dem Spardiktat der sogenannten Troika zu befreien und wollte mit der EU, der Europäischen Zentralbank und dem IWF neue Bedingungen über die Verlängerung der fälligen Kredite aushandeln. Sie taten dies vor allem aufgrund ihres durch demokratische Wahlen entstandenen Mandates durch die griechische Bevölkerung, die mehrheitlich unter den Folgen der sogenannten Sparpolitik zu leiden hat.

Was sich daraufhin in den vergangenen Wochen in Europa und vor allem auch in Deutschland als Reaktion abgespielt hat, müsste eigentlich jedem wahren Demokraten die Schamesröte ins Gesicht treiben. Man hat an dem Land, das in Schönwetterreden immer als eben die Wiege dieser Demokratie bezeichnet wird, ein Exempel statuiert, das allen anderen möglichen Kandidaten mit ähnlichen Absichten innerhalb der EU aufzeigt, wo die wirkliche Macht inzwischen sitzt. Mit dem Druckmittel der Beendigung der Hilfsmittel und Kredite wurden Trispas und seine Mitstreiter niedergerungen – und auch, wenn sie die nun gefasste „Einigung“ als Erfolg bei ihren Landsleuten zu verkaufen suchen, ist dies nur ein Phyrrhussieg, um mal bei der griechischen Mythologie zu bleiben.

Es wird weiterhin von dem Land verlangt, bei den Sozialausgaben zu sparen und auf Privatisierung von Staatseigentum zu setzen – genau so, wie es inzwischen überall in der EU die übliche Politik vor allem in den anderen verschuldeten Staaten der Fall ist. Folgen wie ein zerstörtes Gesundheitssystem, eine immens hohe Jugendarbeitslosigkeit, Altersarmut, Entlassungen von Staatsbediensteten und dergleichen mehr, interessieren die Verfechter solcher Politik überhaupt nicht. Es ist nicht so, dass sie diese Folgen nicht erkennen, nein. Es stört sie nicht, weil ihre Klientel, in dessen Auftrag sie diese Politik in Wahrheit betreiben, nicht davon betroffen ist. Und diese Klientel besteht nicht aus der Mehrheit des Volkes, von der dem Wortlaut des Wortes Demokratie nach ja eigentlich die Macht ausgehen sollte. Merkel, Schäuble und ihre Helfershelfer innerhalb und außerhalb Deutschlands treiben es also weiter auf die Spitze, weil sie glauben, das Mandat der Großkonzerne und deren Besitzer reicht ihnen dazu aus. Und sie glauben ein Recht dazu zu haben, dem politischen Mandat eines anderen souveränen Staates widersprechen zu können, nur weil Deutschland derzeit innerhalb Europas die stärkste ökonomische Macht darstellt.

Unterstützt wird das Ganze von einer ganzen Riege politischer Marionetten – wie z.B. der französische Präsident Holland oder die portugiesische Regierung, die ins gleiche Horn wie die Deutschen stoßen, obwohl sie selbst vom gleichen Spardiktat in ihren eigenen Ländern betroffen sind. Anstatt die Chance zu nutzen und endlich einen Kurswechsel innerhalb der europäischen Politik zu erreichen, fällt man den Griechen in den Rücken.

Und wie sieht es inzwischen hierzulande aus? Während die Medien gern und reichlich auf die „frechen Griechen“ einschlagen, die es doch tatsächlich wagen, ihren Kopf aus dem Schlamm des wirtschaftspolitischen Mainstreams der EU zu heben, wird auch beim angeblichen europäischen Klassenprimus Deutschland deutlich, dass Exportweltmeisterschaft und exorbitant steigende Profite nicht dafür sorgen, dass die Armut beseitigt wird. Ganz im Gegenteil, die jüngste Studie des Paritätischen Wohlfahrts-Gesamtverbandes vom Januar 2015 zeigt auf, dass die Anzahl derjenigen, deren Einkommen unterhalb von 60% der durchschnittlichen Löhne und Gehälter liegen, deutlich gestiegen ist. 12,5 Millionen Männer, Frauen und Kinder leiden an dieser Armut in Deutschland – und das bei gleichzeitig in schwindelerregende Höhen steigenden Privatvermögen!

Trotzdem bleibt es weiterhin ruhig hier im Land der krassen Gegensätze. Man fragt sich wirklich, weshalb sich eine derartig große Menge Menschen das weiterhin ohne sicht- und hörbare Gegenwehr gefallen lässt, während diejenigen, die noch zur sogenannten Mittelschicht zählen, sich inzwischen in ihrer Angst vor dem sozialen Abstieg auf Flüchtlinge und Migranten eingeschossen haben und diese für ihre Ängste verantwortlich machen.

Angesichts dieser Entwicklungen muss man sich nicht die Frage stellen, ob denn Griechenland noch zu retten sei, sondern ob die Demokratie in Europa noch zu retten ist? Mehr dazu demnächst an dieser Stelle.

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